Andachten in 3Einigkeit

Eine Auswahl unsere Andachten 

Andacht aus dem Gemeindebrief 2024-3

Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt. (Psalm 26,8)

In Urlaubszeiten besuche ich oft Kirchen und Kathedralen. Geht es Ihnen auch so? Mich leitet dann mein kunstgeschichtliches Interesse, seien es barocke Klosterkirchen oder die noch älteren gotischen Kathedralen. Dort spürt man etwas von der Liebe zum Gotteshaus und zum Gottesdienst, die die Baumeister zu Höchstleistungen und Perfektion antrieben. Sie wollten mit ihren Werken Gott ehren. Sicher, wir schließen dabei auch nicht die niederen Absichten der Geldgeber

aus, Dome zu errichten, die noch etwas größer, noch etwas prunkvoller sein sollten als diejenigen, die in Nachbarstädten gebaut worden waren. Mancher Stadtfürst sah in Kirchenbauwerken seine eigene Ehre gespiegelt. Das hat es wohl immer gegeben.

Gewiss hatte zu Jesu Zeiten König Herodes der Große – ein wahrer „Baulöwe“ – seinen Namen verewigen wollen, als er den Salomonischen Tempel in vieljähriger Bauzeit großflächig neu errichten ließ.

Der antike jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus schreibt:

"Das Äußere des Tempels wies alles auf, was Herz und Augen staunen lässt. Denn über und über war der Tempel mit dicken Goldplatten umhüllt..."

(Flavius Josephus, der Jüdische Krieg, V.4.6.)

Beim Gang entlang der prächtigen Mauern gerieten die Jünger in geradezu heiliges Entzücken. Doch Jesus sagte nur: „Kein Stein wird auf dem anderen bleiben.“ Sein göttlicher Blick sah bereits die Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 n. Chr. voraus.

 

Der Psalm 26, dem der obige Vers entnommen ist, wird der Sammlung der Davidpsalmen zugerechnet, obwohl König David den Tempel noch nicht kannte. Der erste Tempel wurde von seinem Sohn Salomo gebaut. David kannte aber die Stiftshütte, das transportable Gotteshaus, das in den Zeiten der Wüstenwanderung und späterhin in Israel die Wohnstätte Gottes war. Der hier im Psalm 26 betet, weiß bei Gott seine eigentliche Heimat. Da geht es nicht um einen prächtigen Bau mit schönen Verzierungen, dass der kunstgeschichtlich Interessierte vom geschickten Werk der Baumeister ergriffen werde. Nein, die Liebe zu Gottes Haus gründet sich auf anderem, zum einen darauf, dass wir im Gottesdienst mit Trost und Freude beschenkt werden. Denn im Gottesdienst dienen nicht nur wir Menschen Gott, indem wir in anbeten, ihm mit unserem Lobpreis ehren.

Gott dient vor allem uns. Er tröstet uns mit seinem Wort, gibt uns die Zusage seiner Gegenwart und schenkt die Zusage der Vergebung unserer Sünden. Somit festigt der Herr mit seinem Heiligen Geist unseren Glauben. 

Auch ein weiterer Aspekt ist für uns Glaubenden im Haus Gottes ein Gewinn: Wir erleben die Gemeinschaft der Christen, die versammelt sind, die auch mit mir und dir glauben, die mit ihren Lippen Gott loben, wie es in Psalm 42,5 heißt: „Im Haus Gottes, da konnte ich jubeln und danken in der feiernden Menge“ (NLB). Gemeinschaft im Glauben ist ein großes Gut. Ich weiß durch meine Besuche, dass viele Ältere gerne noch die Gottesdienste besuchen würden, wenn sie dies nach ihren Kräften noch könnten.

Fernsehgottesdienste sind gut, aber sie machen bewusst, dass die reale Gemeinschaft mit Gläubigen, die im Gottesdienst neben uns sitzen und mit uns das Glaubensbekenntnis sprechen, nicht wirklich ersetzt werden kann.

 

Warum könnte man das Haus Gottes noch lieben? Weil daselbst Gottes Ehre wohnt, sagt der Beter. Wenn auf der Wüstenwanderung Israels sich die Wolke des Herrn auf die Stiftshütte niedersenkte oder wenn später im Tempel nach altüberlieferter Vorstellung sich Gottes Herrlichkeit/Ehre auf die heilige Bundeslade niederließ, war Gott anwesend. So steht hinter der Liebe zum Heiligtum das Verlangen nach der Gemeinschaft mit Gott.

Wir suchen Gemeinschaft mit Gott. Das ist ein menschlicher Wesenszug. Davon werden Menschen angetrieben. Was auch immer sie unter Gott verstehen und finden mögen. 

 

Ganz sicher lässt sich Gott in seinem Sohn Jesus Christus finden. Den verehren wir als christliche Gemeinde in den Gottesdiensten, dort sind wir uns seiner Gegenwart bewusst. Und darum ist es gut, die Stätte seines Hauses liebzugewinnen. Die Gemeinschaft, wo nicht einzelne ihre Ehre suchen, sondern wo wir im Gottesdienst allein Gottes Ehre und Herrlichkeit bezeugen. Ich glaube, nicht das Alter, die Schönheit, die Größe der Versammlungsstätte ist das Entscheidende.

Die Liebe zum Hause Gottes, wenn das Herz rein zu Gott gerichtet ist, bleibt ein Gradmesser für die Überwindung einer nur auf das eigene Ich konzentrierten Frömmigkeit. Denn dazu hilft die biblische Sicht der Dinge: nicht mein gehobenes Gefühl, meine Rolle im gottesdienstlichen Geschehen ist Schrittmesser für die Gottesbegegnung, sondern mein Herz, das Gott allein die Ehre gibt.

Soli Deo Gloria“ steht an vielen alten Kanzeln. Nicht nur als Zierde. Vielmehr durchstrahlt diese Aussage des Glaubens mit ihrer Wirkung den gesamten Kirchenraum und den Gottesdienst.

 

Pfr. Bernd Münker

Andacht aus dem Gemeindebrief 2024-2 - Aufbruch – „Wir müssen jetzt echt los…“

Eine typische Szene, wie sie in jeder Familie garantiert schon dutzende Male vorkam: Man steht im Flur, hat sich selbst schon angezogen und wartet darauf, dass auch das letzte Kind endlich Schuhe, Jacke, Hose, Mütze, Handschuhe oder was auch immer anzieht. „Kommst du bitte.“ „Wir müssen jetzt wirklich los.“ „Wir kommen sonst zu spät…wir sind schon zu spät!“ Ganz egal, wohin es gehen soll. Ob zum Arzt oder zur Musikschule. Zum Einkaufen oder zum Spielplatz – Kinder zum Aufbrechen und Losgehen zu bewegen kann eine echte Herausforderung sein!

 

Leichter sieht die Sache aus, wenn man mit etwas Schönem locken kann. Je besser man die Aussichten ausschmückt, desto leichter ist es, den Aufbruch zu gestalten. Wobei Kinder natürlich immer Dinge finden, die sie gerade lieber tun wollen oder „müssen“, als das, was sie machen sollen. Aber das ist eine andere Sache.

 

Aufbrüche gehören zum Leben dazu. Manche sind eher klein und unscheinbar. Manche groß und bedeutsam. Manche laufen unbewusst mit, weil sie  eine  Art  Routine  sind. Egal, ob es darum geht, zur Arbeit zu gehen, die Kinder zu  erziehen,  den  Ehepartner oder die Ehepartnerin zu lieben, die neuen Nachbarn kennenzulernen  oder  mal wieder die Bibel aufzuschlagen. Alles startet mit einem Entschluss. Mit einem Aufbruch. Mit einem „Ich packe das  jetzt  an.“  „Ich  mache das gerne.“ „Ich investiere meine  Zeit  und  stecke  da mein  Herzblut  rein.“  Und immer spielen Erwartungen und Aussichten eine Rolle.

 

In der Bibel begegnen mir viele Aufbruchs-Vorbilder. Einer von ihnen ist Philippus. Er gehört zu den allerersten Christen. Er war bei vielen der großen Dinge der ersten Gemeinde live dabei. Er hat das ganz große Spektakel mitbekommen. 
Ein echter Zeuge aus der ersten Reihe. In der Blüte seines Wirkens und Erlebens bekommt er einen Auftrag von Gott. Ein „Philippus, brich auf…“ aus der Apostelgeschichte 8,26: 

 

Aber der Engel des Herrn redete zu Philippus und sprach:

 "Steh auf und geh nach Süden auf die Straße,

die von Jerusalem nach Gaza hinabführt und öde ist.“


Was für ein Auftrag. Was für Aussichten. Kein Spektakel und kein Glamour, sondern: Geh auf die Straße, die öde ist. Dahin, wo nichts los ist. Menschenleer. Ereignislos. Also wenn ich Philippus wäre, dann würden mir jetzt gleich hundert Gründe einfallen, mich diesem Aufbruch zu entziehen. Vieles, was ich auch unbedingt vorher noch tun „muss“. Aber Philippus war anders drauf. Er brach auf. Er machte sich auf den Weg zu dieser öden Straße. 

Damit Philippus aufbricht, musste nur eine einzige Aussicht bestehen: Gottes Ruf. Philippus wusste, dass dort, wo Gott ihn hin ruft, nur Segen auf ihn wartet. Er glaubte, dass die Dinge, die er im Vertrauen auf Gott tut, ihn 
erfüllen und von Bedeutung sind.


Aufbrechen heißt: Gottes Ruf hören – und folgen. Gottes Ruf, der uns ins Leben ruft. Der uns zuruft: Ich schenke dir das Leben. Ich begegne dir mitten im Leben. Ich bin mit dir unterwegs. Ich will dich segnen und erfüllen. Ich will dich zum Segen für die Menschen in deiner Nähe setzen und sie durch dich erreichen. Wer aufbricht, weil Gott ruft, der entdeckt Gottes Segensspuren mitten im Alltag.


Auf dieser öden Straße begegnet Philippus genau ein einziger Mensch. Philippus kommt mit diesem Menschen ins Gespräch. Sie reden über den Glauben und Philippus erzählt ihm von dem unglaublichen Schatz, den er in Jesus gefunden hat. Er bezeugt seinen Glauben – vor einer einzigen Person, auf einer einsamen und öden Straße. Ohne Publikum, ohne Glanz und Gloria. Aber mit Freude  und  Überzeugung, Erfüllt  von  Gottes  Geist. Für diesen einen Menschen ändert sich alles. Er erlebt Gott,  beginnt  zu  glauben und lässt sich taufen. Nach der  Begegnung  mit  Philippus zieht er fröhlich weiter. Es ist immer noch dieselbe öde und leere Straße. Aber in diesem Menschen sieht 
es  nun  anders  aus.  Er  ist fröhlich, weil er Gottes rettender und heilmachender Liebe begegnet ist.

 

Ich wünsche uns als Gemeinde, dass wir uns von Philippus inspirieren lassen. Offen dafür zu sein, dass Gott uns sendet. Sensibel dafür, sein Rufen wahrzunehmen. Bereit, ihm zu folgen. Vielleicht wirken viele Aufbrüche auch bei uns so, als ob sie eher auf eine öde Straße führen. Aber wer sich im Vertrauen auf Gott senden lässt und fröhlich, überzeugt und gerne von seinem Glauben erzählt, der wird erleben, dass Gottes Geist auch heute noch Menschen berührt und Leben verändert. Gottes Aufbrüche führen nicht immer ins Extravagante. Aber sie führen immer dazu, dass Menschen Gott begegnen und von seiner Liebe hören. Das ist die Aussicht, die Gott schenkt: Dort, wo Menschen im Vertrauen auf ihn aufbrechen und von seiner Liebe erzählen, ändert sich alles. Erst das eigene Herz, dann die Menschen im Umfeld und dann… wer weiß, was noch alles passiert, wenn wir uns von Gott senden lassen und aufbrechen.

 

Pfr. Christian Jünner

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